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Applikationsschrift 135

Berechnung von kontrollierten Impedanzen
2D Field Solving in SI6000B und CITS25
Dr J. Alan Staniforth


Allgemein

Die kontrollierte oder charakteristische Impedanz eines Leiters auf einer Leiterplatte ist das Verhältnis aus Spannung zu Strom des sich ausbreitenden Impulses oder Spannungssprunges. Damit dieser Impuls oder Spannungssprung während der Ausbreitung unverändert bleibt, muss die Impedanz entlang des Ausbreitungspfades konstant sein. Wenn der Impuls auf eine von der kontrollierten Impedanz abweichende Impedanz trifft, entstehen Reflexionen. 

Für eine einzelne Leiterbahn über einer Massefläche ist die kontrollierte Impedanz:

(1.1)

wobei L die Induktivität und C die Kapazität pro Längeneinheit auf der Leiterbahn ist.

Ein Leitungspaar gleichen Querschnitts (z.b. differentiell) über einer Massefläche hat die Impedanz:

 

(1.2)

gegen Masse, wenn die Leiter durch ein gleiches Signal mit entgegengesetzter Polarität gegenüber Masse angeregt werden. Zoo ist auch bekannt als Odd Mode ImpedanzLoo und  Coo sind entsprechend die Odd Mode Induktivität und Kapazität pro Längeneinheit. Die Impedanz zwischen den Leitern ist die differentielle Impedanz.

(1.3)

Eine Ableitung der algebraischen Formeln für die Induktivität und Kapazität ist nur für eine sehr begrenzte Anzahl von Leiterbahnkonfigurationen möglich - meist auch nur wenn die Leiterdicke Null ist. 

Praktische Leiterbahnen sind relativ dick und besitzen aufgrund des Ätzprozesses keinen rechteckigen Querschnitt. Daher muss der Wert für die Induktivität und die Kapazität direkt aus elektromagnetischen Feldberechnungen abgeleitet werden.

Für Striplines mit einem gleichförmigen Substrat ist die Dielektrizitätskonstante er :

(1.4)

wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist.

Für Surface- und Embedded Microstrips, (1.1), gilt daher 

(1.5)

wobei Cair die Kapazität der gleichen Konfiguration jedoch mit Luft als Substrat ist. Die effektive Dielektrizitätskonstante ist daher

(1.6)

Für Zoo gelten ähnliche Gleichungen.

2. Berechnung der Kapazität

Die Gleichungen in Abschnitt 1 setzen voraus, dass das elektrische Feld aus der elektrostatischen Feldtheorie ermittelt werden kann. Dies ist auch zutreffend wenn die Leiterbahnabmessungen klein sind im Verhältnis zur Wellenlänge der höchsten enthaltenen Frequenzkomponente im Impuls oder Spannungssprung. 

Wenn die Leiterbahn die Spannung V mit Bezug auf Masse aufweist, dann gilt:

(2.1)

wobei Q die Ladung pro Längeneinheit der Leiterbahn ist. In (2.1) kann C durch jede der Kapazitäten in den Gleichungen im Abschnitt 1 ersetzt werden.  Die Ladungsdichte, q über dem Leiterbahnquerschnitt ist nicht gleichförmig: Es gibt eine wesentlich größere Ladungsdichte an den Leiterbahnecken und Kanten. Bei den  betrachteten Pulsraten und Frequenzen befindet sich die gesamte Ladungsdichte an der Leiterbahnoberfläche. Wenn die Verteilung von q bekannt ist, dann gilt:

(2.2)

Es sind mehrere Methoden verfügbar, um q zu ermitteln. Eine gebräuchliche Methode ist die Finite-Elemente-Methode. Bei dieser Methode wird die gesamte Querschnittsebene der Leiterbahnumgebung in ein Netz von Dreiecken verschiedener Größe zerlegt. Das Verhältnis zwischen den unbekannten Spannungen basiert auf minimaler elektrostatischer Energie und ist bekannt. Einige Knoten befinden sich auf der Oberfläche der Leiterbahn. Die Spannung dieser Knoten ist bekannt. Durch die Lösung einer Matrix-Gleichung können alle unbekannten Spannungen und Leiterbahnoberfläche-Ladungsdichten berechnet werden. Die Schwierigkeit bei dieser Methode ist, dass die Spannungen im Raum um die Leiterbahn unnötigerweise mitberechnet werden. Auch ist es schwierig sicherzustellen, dass die hohe Ladungsdichte an den Leiterbahn-Kanten adäquat modelliert wird, da die meisten Field Solver, die auf dieser Methode beruhen, mehrere Rechendurchläufe mit immer feinerer Maschenweite durchführen. Die Maschenweite wird in der Software vorgegeben. Das Programm beendet den Rechenvorgang, wenn nur mehr geringe Änderungen zwischen aufeinander folgenden Berechnungen festgestellt werden.

Die in CITS25 und Si6000b eingesetzte Methode zur Ermittlung von q ist die Momentenmethode.

Diese Methode basiert auf der direkten Beziehung zwischen Spannung und Ladung in einem elektrostatischen Feld. Die Spannung  V im Abstand von r von einer Ladung q in einer zweidimensionalen Ebene ist:

(2.3)

wobei eo die absolute Permittivität und er die Dielektrizitätskonstante der Umgebung ist. (2.3) kann auch geschrieben werden als

(2.4)

 

wobei G als Green’s Funktion bekannt ist. Für eine einfache zweidimensionale Region kann G durch einen Vergleich von (2.4) mit (2.3) ermittelt werden. Wenn q einer kontinuierliche Ladungsverteilung entspricht, dann ist:

(2.5)

 

Um die Momentenmethode einzusetzen, nimmt man eine bekannte Spannung V auf der Leiterbahn an. Die Leiterbahnoberfläche wurden Knoten zugeordnet, welche eine vorbestimmte, sehr nichtlineare Verteilung besitzen. Diese Knoten sind an den Kanten sehr nahe aneinander. Dann wird eine unbekannte Ladung qj , den Knoten zugeordnet. Die Ladungsverteilung zwischen den Knoten wird als Linear angenommen. Wird nun in (2.5) q durch qj ersetzt, kann die bekannte Spannung Vi an den Knoten aus der Ladung aller Knoten berechnet werden. Diese Methode wird Kollokationsmethode (engl. point matching) genannt. Die Integration in (2.5) erfolgt numerisch mittels Gauss´scher Integration. Dieser Vorgang führt zu der Matrix-Gleichung

(2.6)

wobei A eine bekannte quadratische Matrix abgeleitet aus der Anwendung in (2.5) mit der entsprechenden  Green’s Funktion ist, q ist ein Vektor der unbekannten Knotenladung und V ist ein Vektor der bekannten Knotenladung. Die Auflösung von (2.6) ergibt die Knotenladungen. Über die Knotenladungen kann die Ladung Q der Leiterbahn durch eine Summation ermittelt werden, wobei eine lineare Ladungsverteilung zwischen den Knoten angenommen wird. Aus der Ladung kann die Kapazität und daraus die Impedanz berechnet werden. Im Fall der Microstrip sind zwei Berechnungen erforderlich; die Erste mit Substrat und die Zweite bei Ersatz des Substrates mit Luft.

Die obige Ausführung ist nur eine Beschreibung der Berechnung. Die Berechnung verwendet die entsprechende Green´s Funktion für die Leiterbahnkonfiguration. Die Schritte um die Green´s Funktion für die einzelnen Leiterbahnkonfigurationen zu ermitteln, werden im folgenden Abschnitt beschrieben.

3. Die Green’s Funktionen

 

Eine einfache zweidimensionale Green’s Funktion wird in (2.4) beschrieben. Dieser Wert kann jedoch nicht direkt in der Berechnung verwendet werden, da Masseflächen und Substratoberflächen berücksichtigt werden müssen.  

Eine Stripline besitzt zwei Masseflächen. Zwischen diesen liegt eine Ladung q in einem gleichförmigen Substrat. Abb 1 zeigt diese Anordnung.

 

Abb. 1. Ladung zwischen Masseflächen

 

Die Ladungs-Spiegelungen sind gleich, jedoch mit entgegengesetzter Polarität und setzen sich in jede Richtung unendlich weit fort. Es können die Masseflächen entfernt und die Ladungsspiegelungen anstelle dessen verwendet werden. Man erhält die Green’s Funktion durch eine algebraische Summierung der individuellen Auswirkungen einer unendlichen Anzahl von Ladungen wobei q gleich 1 ist..

Abb. 2 zeigt die Spiegelungen einer Ladung q über dem Substrat einer Surface Microstrip.

Abb. 2. Ladung über Substratoberfläche

Durch die Mehrfachreflexionen zwischen der Substratoberfläche und der Massefläche kommt es zu Ladungsspiegelungen. Die Spiegelungen haben entgegengesetztes Vorzeichen als q und deren Amplitude nimmt mit zunehmendem Abstand. Die Massefläche und die Substratoberfläche werden durch eine unendliche Anzahl von Ladungsspiegelungen ersetzt. Die Green’s Funktion ist die Summe der Auswirkungen dieser Ladungen, wenn q gleich 1 ist. Diese Summe kann nicht analytisch ermittelt werden. Glücklicherweise reduziert sich diese unendliche Summe sehr schnell mit der Anzahl der Terme. Die Summe kann sehr rasch numerisch und mit hoher Genauigkeit errechnet werden.

Die Green´s Funktion für Embedded Microstrip wird auf ähnliche Weise wie für die Surface Microstrip ermittelt. Die Anordnung der Ladungen ist ähnlich jener für Stripline. 

4.Das Programm

Das Programm zur Impedanzberechnung setzt voraus, dass die Leiterbahnen in der Leiterplattenfertigung einen trapezförmigen Querschnitt aufweisen. Für einzelne Leitungen wird die gesamte Breite der Leiterbahn verwendet. Für Leiterpaare wird eine Symmetrie vorausgesetzt. Es müssen nur die Knoten auf einer Leiterbahn verwendet werden. Zuerst wird die Odd Mode Impedanz Zoo berechnet. Die differentielle Impedanz erhält man dann aus (1.3) . Innerhalb des Programms werden alle Abmessungen auf die Substratdicke bezogen. Das heißt, jedes dass jede konsistente geometrische Anordnung zur Definierung der Leiterbahnkonfiguration herangezogen werden kann. Während der Entwicklung der Software wurden verschiedene Kombinationen aus Anzahl der Knoten und deren nichtlinearen Verteilung untersucht. Die errechneten Impedanzen wurden mit jenen wenigen Fällen verglichen, für welche ein exaktes Ergebnis vorliegt. Der Vergleich zeigt, dass die mit CITS25 oder Si6000b errechnete Impedanz auf die drei signifikanten Stellen im Bereich von 20 - 150 Ohm übereinstimmt.


Mehr Informationen über Mr. George Green, dem englischen Mathematiker aus dem 19. Jahrhundert, welcher die Green´s Funktionen entwickelte. 

Dr J. Alan Staniforth

Alan Staniforth erhielt den PhD 1959 an der Sheffield University, UK. Er war von 1960 bis 1992 Professor an der Salford University, UK in der School of Acoustics and Electronics. Seit 1992 unterrichtet er in Teilzeit. Er hat mehrere Artikel über Mikrowellen-Übertragung und Electromagnetische Transienten in Teilchenbeschleunigern geschrieben. Dr. Staniforth arbeitete mehrere Jahre als Konsulent für das Science and Engineering Research Council, UK. Dr Staniforth ist nun als Konsulent für Polar Instruments Ltd. tätig.

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